Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus): Heilpflanze zwischen Keuschheit und Lust

Wenn man sich wie ich mit der Ethnobotanik beschäftigt, begegnet man immer wieder Pflanzen, die eine fast widersprüchliche Geschichte tragen. Eine meiner Lieblingspflanzen in dieser Hinsicht ist der Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus). Er wurde im Mittelalter in Klöstern als „Keuschmacher“ genutzt – und doch wissen wir heute, dass er in der richtigen Dosierung die Libido sogar steigern kann. Zeit also, den faszinierenden Wirkmechanismen dieser Pflanze genauer nachzuspüren.


Herkunft und Geschichte des Mönchspfeffers

Der Mönchspfeffer ist ein sommergrüner Strauch, der im Mittelmeerraum, in Vorderasien und Nordafrika wächst. Seine länglichen Blätter erinnern an Hanf, die violetten Blüten sind ein Insektenmagnet, und die pfefferähnlichen Früchte gaben ihm seinen deutschen Namen.

Schon in der Antike wurde Vitex agnus-castus von Hippokrates und Dioskurides beschrieben. Im Mittelalter fand die Pflanze Eingang in die Klostermedizin: geringe Dosierungen der Früchte sollten die fleischlichen Gelüste der Mönche und Nonnen dämpfen – daher auch der Name „Keuschbaum“. Allerdings gibt es hier das Phänomen der Wirkungsumkehr: Eine höhere Dosierung führt eher zum Gegenteil, nämlich zur Erhöhung der Libido.


Inhaltsstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe

Mönchspfeffer enthält eine Vielfalt an sekundären Pflanzenstoffen, die seine Wirkung erklären:

  • Iridoidglykoside (Agnusid, Aucubin) → regulierende, entzündungshemmende Effekte
  • Flavonoide (Casticin, Apigenin) → antioxidativ, stabilisieren Zellfunktionen
  • Diterpene → wirken auf Dopamin-Rezeptoren in der Hypophyse
  • Ätherische Öle → tragen zu Stoffwechsel- und Nerveneffekten bei

Besonders die dopaminergen Diterpene sind entscheidend, da sie den Prolaktinspiegel beeinflussen – und damit Zyklus, Fruchtbarkeit und Libido.


Medizinische Anwendungen – Tradition und Forschung

Prämenstruelles Syndrom (PMS)

Viele Frauen leiden in der zweiten Zyklushälfte unter Stimmungsschwankungen, Gereiztheit und Spannungsgefühlen in den Brüsten. Studien zeigen, dass Mönchspfeffer durch die Senkung des Prolaktins die Symptome deutlich lindern kann.

Brustempfindlichkeit

Das bekannte prämenstruelle Brustspannen hängt eng mit erhöhten Prolaktinspiegeln zusammen. Durch die dopaminerge Wirkung bessert Mönchspfeffer diese Beschwerden spürbar.

Prämenstruelle Dysphorie (PMDD)

Eine besonders schwere Form von PMS mit depressiven Verstimmungen. Hier berichten Frauen von deutlicher Verbesserung durch hochdosierten Mönchspfeffer – ein Ansatz, den auch moderne klinische Studien untersuchen.

Regelschmerzen und Menstruationsstörungen

In der Volksmedizin wurde Mönchspfeffer traditionell bei schmerzhaften oder unregelmäßigen Menstruationen eingesetzt. Heute wird dies durch Beobachtungsstudien bestätigt, die eine zyklusregulierende Wirkung belegen.

Unerfüllter Kinderwunsch

Ein erhöhter Prolaktinspiegel kann den Eisprung stören. Mönchspfeffer senkt Prolaktin und fördert so die natürliche Ovulation. Deshalb setzen viele Frauen mit Kinderwunsch auf standardisierte Extrakte.

Wechseljahresbeschwerden

Auch in den Wechseljahren hat Mönchspfeffer seinen Platz. Hitzewallungen und Nachtschweiß lassen sich naturheilkundlich abmildern, wenn der hormonelle Übergang sanft unterstützt wird. Zwar ersetzt Vitex keine Hormonersatztherapie, doch viele Frauen berichten von einer spürbaren Entlastung.


Unterschiede bei Männern und Frauen

  • Frauen: profitieren besonders bei PMS, Zyklusstörungen und Kinderwunsch. Gleichzeitig kann die Libido wieder in Balance kommen.
  • Männer: Bei ihnen steht die Libido im Vordergrund. Ein erhöhter Prolaktinspiegel kann Erektionsprobleme begünstigen – Mönchspfeffer in höherer Dosierung wirkt hier gegensteuernd.

Wann höhere Dosen empfehlenswert sind

  • Prämenstruelles Syndrom und Brustspannen
  • Prämenstruelle Dysphorie (PMDD)
  • Zyklusstörungen und Gelbkörperschwäche
  • Unerfüllter Kinderwunsch bei erhöhtem Prolaktin
  • Libidoverlust bei Frauen und Männern
  • Wechseljahresbeschwerden (Hitzewallungen, Nachtschweiß)

Wirkung auf Prolaktin und Libido

Die zentrale hormonelle Wirkung: Mönchspfeffer moduliert Prolaktin.

  • Niedrige Dosierung → Prolaktin steigt → Libido sinkt (historisch: Keuschmittel).
  • Höhere Dosierung (20–40 mg standardisierter Extrakt) → Prolaktin sinkt → Libido steigt, Zyklus normalisiert sich.

Damit vereint Mönchspfeffer zwei gegensätzliche Traditionen: Askese im Kloster und Heilkraft für Körper und Seele in der modernen Medizin.


Gegenanzeigen und Wechselwirkungen

Nicht anwenden bei:

  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Hormonabhängigen Tumoren (z. B. Brustkrebs, Prostatakrebs)
  • Allergien gegen Vitex agnus-castus

Mögliche Wechselwirkungen:

  • Mit Dopamin-Medikamenten (z. B. gegen Parkinson, Neuroleptika)
  • Mit hormonellen Verhütungsmitteln oder Hormonersatztherapie

Fazit – zwischen Klostermedizin und moderner Phytotherapie

Der Mönchspfeffer zeigt, wie vielschichtig Pflanzen wirken können:

  • Niedrig dosiert → Libido sinkt, Prolaktin steigt.
  • Hoch dosiert → Libido steigt, Prolaktin sinkt.

Heute steht er nicht mehr als „Keuschmacher“ im Regal, sondern als wirksames Heilmittel bei PMS, Zyklusstörungen, Kinderwunsch und Wechseljahresbeschwerden – und als natürlicher Weg, die sexuelle Energie wieder ins Fließen zu bringen. Wer also die sexuelle Lust steigern oder hormonelle Dysbalancen (z. B. PMS, Zyklusstörungen, erhöhter Prolaktinwert) ausgleichen möchte, sollte zu höher dosierten, standardisierten Extrakten greifen.

👉 Mehr über die faszinierende Welt der Heilpflanzen findest du regelmäßig hier im Ethnobotanik-Blog von Dr. Oldhaver.

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